Boogie Woogie
Der Boogie Woogie ist ein Solo-Klavierstil, der kurz nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert in den USA entstand. Später wurde er auch in größeren Besetzungen gespielt. Sein direkter Vorläufer war das Barrelhouse-Piano. Dies war ein eher ländlicher Musikstil, in dem gegen Ende des 19. Jahrhunderts von vielen Blues-Musikern die ursprünglichen Instrumentalisierungen - zumeist Gitarre – auf das Klavier übertragen wurden. Der Boogie Woogie ist ein Teil des Blues.
Der Boogie Woogie entstand etwa zur gleichen Zeit wie das Stride-Piano. Er ist, im Gegensatz zum Stride-Piano, jedoch praktisch ausschließlich ein Blues-Stil. Seinen Namen bekam er durch die Aufnahme von Clarence „Pinetop" Smith dem „Pinetop's Boogie Woogie", wo der Begriff „Boogie Woogie" zum ersten Mal als Musiktitel verwendet wurde und Smith einige Tanzanweisungen gab.
Er wurde besonders stark verbreitet durch so genannte House – Rent - Parties: Dabei organisierte der Wohnungsinhaber ein paar Flaschen Schnaps und einen Musiker. Mit dem Eintritt finanzierte er seine Miete.
In den späten 1920er Jahren entwickelte sich der Boogie Woogie weiter. Clarence „Pinetop" Smith und Yimmy Yancey legten den Grundstein für den Erfolg des Boogie Woogie als Popmusik in den 30er und 40er Jahren. Der Musikproduzent John Hammond trug wesentlich zu seinem Erfolg bei, indem er Konzerte organisierte. Es gab ein legendäres Konzert 1938 in der Carnegie Hall, das „From Spirituals To Swing", wovon die Sage ging, dass die Sicherheitskräfte einige Konzertbesucher darum bitten mussten, wieder von den Kronleuchtern des Saales herunterzuklettern, auf die sie vor lauter Begeisterung gestiegen waren.
Berühmt wurde durch dieses Konzert zunächst das Klavier-Triumvirat Albert Ammons, Pete Johnson und Meade „Lux" Lewis. Den Durchbruch schaffte der Boogie Woogie nicht zuletzt mit dem Honky Tonk Train Blues von Meade „Lux" Lewis, der ihn 1927 als eine Erinnerung an seine Kindheit aufnahm, als er in der Nähe eines Güterbahnhofes gelebt hatte. Zu diesem Zeitpunkt war die breite Öffentlichkeit Amerikas aber noch nicht bereit für diese Musik.
Meade „Lux" Lewis und Albert Ammons waren seit ihrer Kindheit Freunde. Neben dem Klavierspielen verdienten sie ihren Lebensunterhalt mit vielen Gelegenheitsjobs, u. a. bei einem Taxiunternehmen. Nicht selten fand man die beiden zusammen mit anderen Pianisten, die auch Taxi fuhren, beim Spielen statt beim Fahren. Der unglückliche Besitzer des Taxi-Unternehmens löste das Problem, indem er ein Klavier in den Aufenthaltsraum der Firma stellte, damit seine Fahrer nicht immer verschwanden. Zu der Zeit lebten Albert Ammons, Meade „Lux" Lewis mit Pinetop Smith in einem Haus. Da nur Ammons ein Klavier sein eigen nannte, trafen sich alle bei ihm und jammten gemeinsam.
Der dritte Boogie-Gott kam aus Kansas City. Pete Johnson lernte erst mit 18 Jahren Klavierspielen. Trotzdem wurde er zu einem der größten Boogie–Pianisten überhaupt. Er komponierte den Dive Bomber, eines der komplexesten Boogie-Stücke überhaupt. Er arbeitete schon in den 1920er Jahren mit dem Sänger Big Joe Turner zusammen. 1978 nahm Axel Zwingenberger zusammen mit Big Joe Turner das Album „Let´s Boogie Woogie All Night Long" auf, das an die Zusammenarbeit von Pete Johnson und Big Joe Turner anknüpfte. Diese Aufnahme erhielt den Deutschen Schallplattenpreis.
Zitat von Big Joe Turner:" We was doin´ Rock and Roll before anyone ever heard of it."
Die größten Erfolge feierten Ammons, Lewis und Johnson zum Ende der 30er Jahre hin, als die Wirtschaftskrise weitestgehend überwunden war.
Zum Boogie–Fieber, von dem Amerika ergriffen wurde, trug auch das Café Society in New York, gegründet durch den ehemaligen Schuhverkäufer Barney Josephson, bei. Angewidert durch die immer noch vielerorts vorherrschenden Rassentrennung in Musikclubs entschied er sich, selber ein Lokal zu eröffnen, in welchem Schwarze und Weiße gleichermaßen willkommen waren. Das Café wurde 1938 im Greenwich Village eröffnet. 1940 kam ein weiterer Club hinzu, der die Rassenschranken sowohl für Künstler als auch Publikum aufhob. „The right Place for wrong people" war das Motto. In schwierigen Zeiten half auch hier der Produzent John Hammond – beratend und finanziell. Bald wurde das Café zu einem Treffpunkt der linken Intellektuellen. Dies führte letztendlich zur Schließung in der McCarthy–Ära im Jahre 1950.